Zitate

Luise, 50, Beraterin in einer Arbeitsloseninitiative: Ich bedaure andere Dinge: dass ich nicht früher ein bisschen selbstbewusster war. Dass ich mich beruflich manches nicht traue, dass ich meine Ziele nicht klarer verfolge. Das sind die Dinge, von denen ich denke: Wenn ich 80 bin, könnte es sein, dass mir das in der Magengrube zieht. Aber nicht das Kinderthema.

Tanja, 35, Lehrerin: Ich habe immer gedacht, dass es schon genug Kinder gibt. Ich muss mich nicht reproduzieren. Ich halte es für größenwahnsinnig, zu sagen: „Ich muss unbedingt einen Teil von mir in die Welt setzen.“

Martin, 39, Support-Mitarbeiter: Wenn irgend so ein bekloppter Werbespot kommt, „Deutsche, kriegt mehr Kinder, damit es mehr Deutsche gibt!“, erreicht er mich zwar nicht auf der emotionalen Ebene. Ich ärgere mich höchstens darüber, fühle mich aber nicht persönlich unter Druck gesetzt. Aber auf der rationalen Ebene frage ich mich: Hallo, habt ihr mal darüber nachgedacht? Wo sollen diese ganzen Kinder denn in den Kindergarten gehen, geschweige denn arbeiten? Da ist ja nicht einmal genügend Platz für die Kinder, die jetzt schon da sind. Ich würde mir wünschen, dass man sich ein bisschen mehr um die Kinder kümmert, die es schon gibt.

Claudia, 48, Altenpflegerin und Pflegewissenschaftlerin: Ich bin froh, dass ich mich selber großgekriegt habe. Und ich bin immer noch nicht fertig mit Erwachsenwerden. Ich glaube, Frauen, die auch einen sexuellen Missbrauch hinter sich haben, die aus gebrochenen Familien kommen, können das vielleicht ganz gut verstehen. Ich habe so viele Jahre gebraucht, um verzeihen und mich annehmen zu können. Wie hätte ich da ein Kind erziehen sollen? Ich bin jetzt 48 und erst seit ein paar Jahren einigermaßen heil. Wie hätte dieses Kind ohne Schaden groß werden können?

Eva, 78, Journalistin und Gutachterin im Ruhestand: Ich hätte mein Leben mit einem Kind anders einrichten müssen; und ich habe mein Leben, so wie es war, sehr genossen. Die Annehmlichkeiten des Singledaseins habe ich höher geschätzt als „die Freuden der Mutterschaft“. Für mich war das mein Beruf, die Reisen, ich habe interessante Leute getroffen, ich habe viel gelernt. Das hat mich glücklich gemacht – glücklicher, als eine Ehe mich hätte machen können. Mein Leben war mir so lieber.

Thomas, 36, Inhaber einer Internet-Agentur: Wenn ich als schwul lebender Mann einen Kinderwunsch hätte, dann hätten meine Eltern mit diesem Szenario sicher ein Problem, weil sie sehr katholisch-konservativ leben. Da gibt es eher die umgekehrte Erwartung: dass ich als schwuler Mann gefälligst die Finger davon lassen sollte, weil Kinder eine Mutter und einen Vater bräuchten. Daran sieht man wieder, dass es gar nicht um Familie oder um Kinder als solche geht, sondern nur um eine bestimmte Form von Familie, die sich gefälligst tradieren soll, um eine Norm.

Hannah, 35, Redakteurin: Zum Glück sind Michael und ich uns einig, dass wir keine Kinder wollen. Ich bin sehr froh, dass diese Frage unsere Beziehung nicht zerreißt. Ich bin nicht gekränkt, dass der Mann meines Lebens mit mir keine Kinder will. Ich bin dankbar. Für mich wäre es ein unglaublicher Druck, wenn mein Partner einen Kinderwunsch hätte. Ich habe Beziehungen daran zerbrechen sehen.

Chris, 40, Systemadministrator: Die Spontaneität ist das, was ich nicht aufgeben möchte. Eltern sagen oft, sie könnten immer noch viel unternehmen. Aber wenn man fragt: „Wann warst du das letzte Mal im Kino?“, antworten sie: „Ja, ähm, also, seit dem Kind eigentlich nur noch einmal“, oder so ähnlich. Von so einem Kinobesuch zehren sie dann drei Jahre. Ich will nicht von irgendwas zehren.

Ilu, 45, Köchin und Künstlerin: Ich lebe in einem Land, wo ich entscheiden kann, ob ich Kinder haben will oder nicht, und das empfinde ich als ein großes Geschenk: Ich kann mir aussuchen, wie mein Leben verläuft, wie meine Sicht auf Weiblichkeit ist, wie ich Weiblichkeit definiere. Ich habe wirklich Freiheit.

Eine Leseprobe aus dem Buch ist hier zu finden.

Und ein Artikel der Autorinnen, erschienen in Dr. med. Mabuse 204, steht hier online.